Dieser Blog erzählt die Geschichte von drei Handvoll Erde und und ihrer Reise durch ein Jahrhundert.

Dienstag, 4. März 2014

Über den Handel mit Heiligen Erden

Die "blutgetränkte" Erde von Verdun ist bis heute von Überresten menschlicher Knochen und militärischer Kampfmittel kontaminiert - das ganze Schlachtfeld glich einem einzigen verschlammten, vermienten und verstunkenen Grabfeld. Ein einziger Friedhof, über den heute Gräser und Bäume wachsen. Es begann noch während des Krieges ein Prozess, der den umkämpften Boden "heilig" werden ließ - eine Art hilflose Sinnstiftung für das sinnlose Massensterben der Soldaten, die ihr Leben für das jeweilige Vaterland dort lassen mussten.
Solche "heiligen Erden" wurden ritualisiert entnommen und als Originalerden in Sockeln von Denkmälern eingelassen oder etwa in der Langenmarck Halle im Olympia Stadion zu Berlin in einem Schrein verehrt, nachdem diese höchstpersönlich von Carl Diem dorthin befördert wurden.

Dass bis heute der Handel mit Heiligen Erden seine Freunde und Bieter findet, belegt dieser Link zum modernen Reliquien- oder Dokumentenhandel.

Über die Motive der Bieter will ich an dieser Stelle nicht spekulieren. Der streitbare Wert eines vollen oder leeren Jutesacks "Heiliger Erde" wird sich in den Bieterschlachten von 2014 wiederspiegeln. Aktuell sind etwas um 250 Euro geboten.
Immhin gibt es in einem kruden, materiellen Sinn einen Grund zu dieser eigentümlichen "Auratisierung". Der hunderttausenfach dort stattfindendende Tod hinterließ potentiel "Blut, Eisen und Knochenspuren" in der Erde. Was für einen Wert drückt das - wem auch immer - im Jahr 2014 aus?

Anders in dem von mir untersuchten Fall - von Mayers Erde, wo keinerlei reale Spuren des Toten Albert Mayer enthalten sein können. Es handelt sich nur um die Erde einen Meter über seinen sterblichen Überresten, die auf einem Waldfriedhof in Illfurth liegen.

Das allein reichte im Jahr 1937 schon aus, um soviel "Heilige Opferbereitschaft" dort hineinzulegen, dass man daraus eine NS-Reliquie des ersten Toten deutschen Soldaten von 1914 herstellen konnte.

Würde man "Mayers Erde" bei ebay einstellen, könnte sich daraus "Heiliges Kapital" monetarisieren lassen? Und was sollte man mit diesem Geld anfangen? Wäre das dann auratisch aufgeladende Geschichtskapitalia. Seltsame Ideen und Fragen, am Ende einen langen Tages, heute.


Ruppe Koselleck, am 5. März 2014 im Projekt MAYERS ERDE

MAYERS ERDE ist ein Kooperationsprojekt des Onlinepromoventen mit der Universität Osnabrück, Prof. Dr. Andreas Brenne,  dem Widukind Museum Enger sowie Remember 1914-1918

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen