Dieser Blog erzählt die Geschichte von drei Handvoll Erde und und ihrer Reise durch ein Jahrhundert.

Donnerstag, 10. April 2014

Mayer´s Feldblumen

In der Rezeptions- und Verwendungsgeschichte des ersten Deutschen Toten des Ersten Weltkrieges findet Albert Mayer in der Ausstellung "Menschen im Krieg am Oberrhein 1914-1918" eine besondere Erwähnung. Rainer Brüning - Kurator der Ausstellung -  beschreibt Mayer als einen jungen Mann, der begierig darauf aus ist, eine Heldentat zu vollbringen und läßt ihn Richtung Belfort "losstürmen". Sein tragischer Tod dient als Beleg für eine Kriegsbegeisterung im Deutschen Kaiserreich, die zwar allgemein feststellbar ist, im Falle von Albert Mayer, der auf Befehl ein Tag vor Kriegsausbruch auf Patroullie nach Frankreich geschickt wird, durchaus strittig ist.
Sein letzter Brief an seine Eltern ist von Nachdenklichkeit gekennzeichnet und von Todesahnungen durchwachsen. Seine Begeisterung oder gar Freiwilligkeit als ein illegaler und völkerrechtsbrüchiger bewaffneter Reiter nach Frankreich einzufallen, darf bezweifelt werden.

Als ein bürgerlicher Bankierssohn aus Magdeburg ist Mayer durchaus deutsch-national erzogen aber bereits sein Eintritt zum Militär ist nicht von Begeisterung gekennzeichnet. Marc Glotz beschreibt den Menschen Mayer in seiner Broschüre über die tragischen Ereignisse, die zum Tode von Jules André Peugeot und Albert Mayer - den ersten beiden Französischen und Deutschen Gefallenen führen, sehr anschaulich und stellt Mayer´s "Kriegsbegeisterung" in Zweifel: "Der Älteste - Albert - fand sich schließlich nach längerem Zögern bereit, um der Familienehre willen, wie er es selber ausdrückt, die Uniform anzuziehen".

Im Kontext des Projektes "MAYERS ERDE" - dem Versuch die Verwendungsgeschichte von Albert Mayer und seiner Graberde einer künstlerisch-historischen Forschung zu unterziehen, ist das Interview des Kurators aus Karlsruhe insofern von Bedeutung, als dass Tote sich nicht wehren können und sie stets Opfer jeweils aktuell vorherrschender Sichtweisen der Erinnerung werden.

Während des Dritten Reiches steigt Albert Mayer kurzfristig als Erstes Opfer zu einem verehrungswürdigen Helden auf, dessen Graberde zur Widukind Gedächtnisstätte nach Enger gebracht werden, später gerät Mayer in Deutschland in Vergessenheit und bleibt fast nur noch in Frankreich am Tatort in Joncherey in Erinnerung. Man nennt ihn auch Camille Mayer und Legenden bilden sich, er sei möglicherweise ein Elsässer und damit ein doppelt tragisch Gefallener.

In Illfurth auf dem Deutschen Soldatenfriedhof wird ihm ein eigener Grabstein gewidmet, der ihn als Erstgefallenen auszeichnet. In Müllheim wird ihm ein Ehrenraum im Jägerdenkmal für sein Regiment erstellt. Mayer selbst bleibt tot.

Und tot bleibt tot da helfen keine Denkmäler nicht, keine Feldblumen und keine Radieschen.

Ein zentraler Grund, Albert Mayer seine Graberde in einer stillen Geste zurückzubringen sind die vielen Zuweisungen - Held, Opfer, Täter oder Mörder - die ihm zuteilig werden. 

Die Ge- und Mißbrauchsgeschichte in einer persönlichen und privaten Geste zu beenden und zugleich diese Handlung als eine Fußnote in die Geschichtsschreibung einzutragen, ist ein Ziel dieser Seiten, meiner Promotion und der vielen gesammelten künsterischen Reaktionen auf seine ehedem "heilige Grabeerde", die in Ilffurth an seinen Ausgangsort zurückkehren soll.

Mehr zu Mayers Erde finden Sie aktuell in Goslar im WELTKULTURERBE RAMMELSBERG in der Installation des inszenierten Forschungsapparates im Kontext von Remember 1914-1918, zu der ich Sie sehr herzlich einladen möchte.

Ruppe Koselleck,
am 10. April 2014 im Projekt MAYERS ERDE

MAYERS ERDE ist ein Kooperationsprojekt des Onlinepromoventen mit der Universität Osnabrück, Prof. Dr. Andreas Brenne,  dem Widukind Museum Enger sowie Remember 1914-1918

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