Im Kontext meiner Forschungen zu Albert Mayer interessierte mich der Bezug von Jugendlichen zu drei Handvoll Graberde des ersten gefallenen deutschen Soldaten von 1914, die 1937 aus Illfurth (Frankreich) entnommen, 1939 dann als eine Blut und Boden Reliquie in der Widukind Gedächtnisstätte in Enger (Ostwestfalen) verehrt wurden, zwischenzeitlich in einer Kapelle in einer Fensterniesche abgestellt war, um heute im Widukind Museum als ein Museumsstück zur Dokumentation der NS Geschichte in einem offenen Tontopf hinter Gittern in einem Regal zu landen. Was für einen Bezug entwickeln Jugendliche von 2013, wenn man sie mit dem verstaubten Stück konfrontiert - und was würden sie tun, wenn sie die Erde künstlerisch verarbeiten.
In einem zweieinhalb monatigen Kurs kam ich als Künstler und Promovent der Universität Osnabrück regelmäßig zur ungnädigen Zeit um 7:55 Uhr in ihre Klasse um ihre Projekte zu begleiten. Wichtig war mir, daß der erste Kurs im Stile der experimentellen Kunstvermittlung vor dem Jubiläumsjahr 2014 stattfand und der Informationsstand zum ersten Weltkrieg als normalniedrig einzuschätzen ist.
Julius,12. Klasse, Widukind Gymnasium |
Neues Marketing aus Ostwestfalen |
London, Paris, Mayers Erde und Pferde Marvin, 12. Klasse, Widukind Gymn. |
Enger sieht rot Andreas, 12. Klasse, Widukind Gymn. |
Was aber von diesen Kontexten interessierte die Schülerinnen und Schüler von heute? Ausgehend von der eigentlichen, sachlichen Materialität der Erde selbst näherten sie sich ästhetisch und nur hintergründig und nebenseitig historisch dem Themenkomplex. Der Zugang zu den Möglichkeiten, was man alles damit machen kann, sollte so frei wie möglich bleiben und nicht von vorneherein, Denkmuster und Schablonen historischer Betroffenheit über ihre Konzepte und Strategien ihrer Arbeiten legen.
Neben der Idee aus MAYERS ERDE eine Marke zu machen, die als wirksame Heilerde gegen Schußverletzungen hilft und Tote lebendig werden läßt, kam es auch zu höchst magischen Vorgängen, mittels dieser Erde, Kontakt zum Jenseits zu ermöglichen. Der Kontakt wurde über einem Spiegel auf dem ausgestreute Graberdensurrogate lagen, hergestellt - eine schwarz gekleidete Magikerin half den Ratsuchenden, eine Verbindung zum Toten zu legen und stellte Frieden mit dem Toten und dem Überlebenen her. Daß mit ihrer gefilmten Performance durchaus Bezüge zum Okkultismus der 20er Jahre des vergangen Jahrhunderts war dem Zufall geschuldet und nicht der Information, daß Verzweifelte auf der Suche nach den hunderttausend Vermissten bereit waren, den unterschiedlichsten Propheten des diesseitigen Jenseits zu folgen.
Eine andere Gruppe gab sich den Namen ER IST GEFALLEN - WIR FINDEN GEFALLEN. Sie mischte Erde mit Pigmenten und erstellte Farben, die im Stile eines Holi Gulal verarbeitet wurden. Nach einem Exkurs in das Chemie Labor, drehten sie am Freitag, den 13. Dezember noch ein Video, daß am selben Tag in der Ausstellung WELTKULTURERDE gezeigt wurde. (siehe dazu auch: Eingangsvideo dieses Beitrags)
Daß Mayers Erde im Sinne der NS Ideologie den Zweck der Steigerung der Opferbereitschaft diente wird hier ebenso radikal und vergnüglich umgewandelt. Man sollte 1939 Gefallen am Fallen finden und findet 2013 Gefallen an der Umwertung der Erde, der Aufmischung mit Pigmenten zu einer Party. Zum Mayers Holi.
Zu sehen sind Jugendliche, die sich nicht als Opfer verführen lassen - zu sehen sind Jugendliche, die den verstaubten NS Zweck umwidmen und aus Erde und Farbe eine vergnügliche Welt kreieren, inmitten einer Baumschule in Enger. Es steigen Wolken auf. Sie sind weiß gekleidet in Schutzanzügen und lassen bei allem Vergnügen Fragen offen, die wie Wolken in den Dezemberhimmel aufsteigen.
Und der war blau an diesem Freitag, dem 13. -
Nach der Ausstellung gibt es noch die Postkarten noch im Widukind Museum zu kaufen - solange der Vorrat reicht - und demnächst wieder mehr und neues zu alten Graberden aus Enger.
...alles andere ist Bielefeld. Ruppe Koselleck für NEUES MARKeTING IN OSTWESTFALEN |
Ruppe Koselleck
für MAYERS ERDE
MAYERS ERDE ist ein Kooperationsprojekt des Onlinepromoventen mit der Universität Osnabrück, Prof. Dr. Andreas Brenne, dem Widukind Gymnasium, dem Widukind Museum Enger sowie Remember 1914-1918
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